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Versöhnung für Judas?

Gedanken zum Sonntag, 12. März 2023

von Pfarrer Dr. Martin Streck

Jesus wurde verraten. Jeus wurde verleugnet. Man hat ihn verhaftet, abgeführt, gefoltert und verhört. Schließlich wurde Jesus zum Tod verurteilt, zum Tod am Kreuz. Ein fürchterliches Ende. 
Jesu Jünger hatten ihn im Stich gelassen. Nur von einem lesen wir, dass er am Kreuz stand – gemeinsam mit Maria, der Mutter Jesu. Ein anderer Jünger hat Jesus verraten. Judas war es. Warum er das tat, ist unklar. Noch ein anderer Jünger ging ins Gerichtsgebäude. Das war Petrus. Er wollte sehen, wie es mit Jesus weiterging. Als man ihn ansprach: Du bist doch einer von Jesu Jüngern, da hat er es abgestritten und Jesus dreimal verleugnet. Von den Freunden verlassen zu werden, von dem einem verleugnet, von dem anderen verraten, das hat es Jesus noch schwerer gemacht.  
Ich kann leicht so schreiben. Aber wie hätte ich mich verhalten? Dass Petrus um sein Leben fürchtete, ist doch menschlich. Und Judas war vielleicht tief enttäuscht von Jesus. Schnell kommen wir Menschen dahin, dass wir andere verurteilen. Was bringt das außer neuem Leid und Einsamkeit?  
Nachdem Petrus das dritte Mal seinen Jesus verleugnet hatte, wurde Jesus vorbeigeführt. Jesus drehte sich um und sah Petrus an. Dieser eine Blick genügte. Petrus erkannte, was er getan hatte, was er Jesus getan hatte. Er ging hinaus und weinte bitterlich.   Auch Judas bereute seinen Verrat. Ich habe gesündigt, unschuldiges Blut habe ich verraten, sagte er von sich. Er warf das Geld, mit dem man ihn bezahlt hatte, von sich. Er konnte nicht mehr leben.  
In Vezelay in Frankreich steht eine mittelalterliche Kathedrale. Hoch oben im Kirchenschiff hat ein Steinmetz Judas und Jesus zusammengebracht. Man braucht ein Fernglas, um diese Darstellung an einem Säulenkapitel zu erkennen. Da trägt Jesus auf seinen Schultern den toten Judas. Welch eine Hoffnung: Der Auferstandene führt auch diesen Toten in das neue Leben.  
Zum Nachlesen: Matthäusevangelium Kapitel 26 und 27. Lukasevangelium Kapitel 22