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Die Wege des Herrn sind unergründlich

Gedanken zum Sonntag, 12. Juni 2022

von Vikarin Theresa Fischer

Das ist ein bekannter Ausspruch, der bestimmt Einigen bekannt vorkommt. Wir sagen das, wenn Ereignisse, Handlungen oder Entscheidungen nicht vorhersehbar sind und für uns nicht nachvollziehbar ist, wie und warum es dazu gekommen ist. Etwas, das wir nicht nachvollziehen oder gar verstehen können ist ein Geheimnis. Es gibt schreckliche Geheimnisse, die uns Angst   machen und es gibt aber schöne Geheimnisse, die Geheimnisse, die große Freude bereiten. 
Heute ist Sonntag Trinitatis. Trinitatis ist das Fest des dreieinigen Gottes. Im Zentrum des Trinitatisfestes steht das Geheimnis Gottes: Gott als Vater, der Grund und Ursprung der Schöpfung ist. Gott als Jesus, der Sohn, der den Menschen gleich geworden und ihnen nahegekommen ist. Gott als Heiliger Geist, der zu allen Zeiten im Leben der Menschen gegenwärtig ist, uns Trost spendet, Kraft gibt und Erkenntnis schenkt. Das Geheimnis Gottes ist ein Geheimnis, das uns beschäftigt, Fragen aufwirft, aber auch ein Geheimnis, das uns Freude bereitet und für Überraschungen sorgt.
Was heißt es für unser eigenes Leben sich dem Geheimnis Gottes hinzugeben? Zu dem Thema fällt mir ein zweiter Ausspruch ein: „was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“. Das Geheimnis Gottes können wir nicht kennen, aber interessiert es uns deswegen auch nicht? – Wenn es um unseren eigenen Weg geht – ganz im Gegenteil! Gern wüssten wir, was das Leben so für uns bereithält, oder? Gern wüssten wir, welche Glücksmomente auf uns warten, damit wir sie voller Vorfreude erwarten können. Gern wüssten wir aber auch, welche Herausforderungen uns gestellt werden, damit wir uns rüsten und darauf vorbereiten können. Es gibt eine Spannung zwischen dem Wissen wollen, was passiert und der Möglichkeit erkennen zu können. Neugier liegt in der Natur des Menschen. Geheimnisse wollen gelüftet werden.
Wie aber verhält es sich mit den Geheimnissen, die nicht gelüftet werden können? Wie verhält es sich mit Entscheidungen und Ereignissen, die nicht in unserer Hand liegen, die nicht vorhersehbar oder nachvollziehbar sind?
Das sind die Geheimnisse des Lebensweges, bei denen wir uns dem Geheimnis Gottes hingeben. Geheimnisse, bei denen wir Vertrauen brauchen. Das hört sich leicht an: Vertrauen – dann wird schon alles gut werden. So ist es nicht: Vertrauen aufbringen, zuversichtlich bleiben und es fügt sich alles zum Guten. In den Momenten, in denen wir nicht wissen, wie es weitergeht… in den Momenten, in denen wir nicht wissen, was uns erwartet, braucht es sehr viel Mut, um dieses Vertrauen aufzubringen und sich nicht der Zukunftsangst oder der Verzweiflung zu ergeben. Genau das sind Momente, in denen Gott für uns entscheidet. Es ist keine Rede davon, dass sich immer unmittelbar alles zum Guten wenden wird. Manchmal passieren weitere schlimme Dinge. Manchmal braucht es neben dem Mut zum Vertrauen auch Geduld.
Ja, die Wege des Herrn sind unergründlich. Seine Wege sind unergründlich in Zuwendung und Liebe. Dass sich Gott uns zuwendet und uns Menschen liebt, ist nicht die Frage, sondern lediglich die Art und Weise Wie. Und dieses Wie bleibt für uns ein Geheimnis, das wir natürlich gerne lüften würden, aber es bleibt auch ein Geheimnis, dass es spannend macht. Wir wissen, dass in Gott alles seinen Ursprung und sein Ziel hat, sodass wir auf die unergründlichen Wege – unerforschlichen Entscheidungen – oder anders gesagt: das Geheimnis Gottes vertrauen können.